Stationen und Projekte, Laienspiel

Die Fülle der Pro­jekte und Semi­nare, die vor allem mit der Arbeit im Lan­des­ju­gend­pfarr­amt beginnt, nimmt einen gro­ßen Zeit­raum in der Tätig­keit von Erika Krum­wiede ein. Immer­hin las­sen sich 925 Ver­an­stal­tun­gen doku­men­tie­ren, die meis­ten in der Zeit von 1971 bis 1998. Darin sind nicht die vie­len Grup­pen­ak­ti­vi­tä­ten ent­hal­ten, von denen allein in ihrer „Wasch­kü­che“ seit 1981 mehr als 500 stattfinden.

Auf­fäl­lig ist, dass sie in ihren krea­ti­ven Akti­vi­tä­ten eine Ent­wick­lung „abbil­det“, in der sich auch der gesell­schaft­li­che Stand der Medien und Metho­den in ande­ren päd­ago­gi­schen Arbeits­fel­dern able­sen lässt. Wobei sie der all­ge­mei­nen Ent­wick­lung durch ihre Expe­ri­men­tier­freude immer einige Zeit vor­aus ist. Man­che Aktio­nen wer­den skep­tisch beur­teilt, aber nach eini­gen Jah­ren gehö­ren sie selbst­ver­ständ­lich zum Reper­toire von Dozen­ten. Eine enge Freun­din sagt spä­ter: „Erika Krum­wiede war mit ihren Ideen oft zu früh“.

Pro­jekt Laienspiel:

Stü­cke, Theo­rie und Praxis

Bereits in der Zeit als Leh­re­rin in der Mis­si­ons­schule beginnt Erika Krum­wiede mit der Insze­nie­rung von Stü­cken. Auf vie­len Fotos sieht man kos­tü­mierte junge Frauen, einige Fotos zei­gen auch die „Regis­seu­rin“. In der Zeit nimmt sie nicht nur bereits ver­öf­fent­lichte Vor­la­gen für das Spiel, son­dern schreibt selbst Stü­cke. Eine Samm­lung die­ser Stü­cke bie­tet sie zur Ver­öf­fent­li­chung an. Diese Bemü­hun­gen blei­ben aber ohne Ergebnis.

Ein Stück aller­dings erlebt offen­sicht­lich nicht nur in ihrer Schule, son­dern auch an ande­ren Orten Auf­füh­run­gen. Mit die­sem Stück arbei­tet sie auch in ihrer neuen Auf­gabe im Lan­des­jun­gend­pfarr­amt: „Das Spiel vom Leben und Tod. (Schat­ten­bil­der)“. Über dem Manu­skript ist hand­schrift­lich notiert: „März 1959“. Das Stück weist sich in der Sprech­weise und der Anlage der Rol­len als eines der Spiele aus, die nach dem Krieg mit einem deut­lich mora­li­schen Anlie­gen geschrie­ben wur­den. In die­sem Fall ist eine mis­sio­na­ri­sche Absicht schon in der Ein­lei­tung zu spü­ren: „In die­sem Spiel han­delt es sich um dämo­ni­sche Dinge, die die Spie­ler nur in der völ­li­gen Ver­ant­wor­tung und als Hilfe vor die­je­ni­gen brin­gen dür­fen, die dem Aber­glau­ben ver­fal­len sind. Sonst sollte sich jeder hüten, in diese Welt einzutauchen.“

Es geht um eine Figur, die von sich selbst sagt, dass sie jeder sein könnte. Im Stück ist die Haupt­rolle aber Karl, der Bauer und Fami­li­en­va­ter. Er erliegt ver­schie­de­nen „Ver­su­chun­gen“: Geld, Horo­skop, Kar­ten­le­gen. Als es um sei­nen kran­ken Sohn geht, wird deut­lich, dass alle Ver­su­che vom Satan waren, der ihn völ­lig ein­ge­kreist hat. Dann kom­men die Bibel und das Kreuz ins Spiel. Zum Schluss wird die Bot­schaft direkt for­mu­liert: „ Chris­tus macht dich frei vom Teu­fel, Karl. Ent­scheide dich für Chris­tus. – Sag dem Teu­fel ab. Ent­scheide dich für das Leben. Sag dem Tod ab. (Paukenschlag)…“

Für eine spä­tere Auf­füh­rung notiert Erika Krum­wiede bevor es zu dem christ­li­chen Schluss kommt: „Bis hier­hin das Anspiel“. Offen­sicht­lich ist nach der Pro­ble­ma­ti­sie­rung und der Zuspit­zung mit dem Publi­kum über einen mög­li­chen Schluss gespro­chen wor­den, ohne ihn in der Direkt­heit der Erst­fas­sung im Spiel schon vor­zu­ge­ben. Hier deu­tet sich die oben erwähnte Ver­än­de­rung ihrer Ziele und Arbeits­weise an.

Sie schreibt in die­ser Zeit etli­che Stü­cke und Vor­la­gen. Einige Stü­cke tra­gen sur­reale Züge. So endet das Zwei-Personen-Stück „Die rote Tür“, in dem kein the­ma­ti­scher Kern zu erken­nen ist, auf die Schluss­frage „Und was ist dahin­ter?“ mit: “Das Geheim­nis“. Oder das Vexier­spiel mit dem Publi­kum („Der Spie­gel“) betont die stän­dig wie­der­holte Frage nach dem Men­schen hin­ter dem Spiegel.

Seit 1961 gibt sie auch Spiel­emp­feh­lun­gen für bestimmte Anlässe und beim Ein­üben von Rol­len. Die Semin­ar­teil­neh­mer erwar­ten häu­fig kon­krete Regie­ar­beit und Bera­tung beim Umgang mit Kos­tü­men und Büh­nen­tech­nik. Aber Erika Krum­wiede erwei­tert behut­sam die­ses Spek­trum und lenkt die Inhalte der Laienspiel-Seminare so, dass die Teil­neh­mer eigene Texte ent­wi­ckeln und selbst exem­pla­ri­sche Kurz­sze­nen ein­üben. Das indi­vi­du­elle Zutrauen der Teil­neh­mer zu eige­nen Spiel-Ideen wird ihr wich­tig. Sie sol­len auf ver­schie­denste Ereig­nisse auch dra­ma­tur­gisch ant­wor­ten können.

Also nicht das „Erar­bei­ten oder Erler­nen“ von Bekann­tem oder rasch Wie­der­hol­ba­rem zieht sich durch die Semi­nare – son­dern der Anspruch zum „Experimentieren“.

Das gilt beson­ders beim Umgang mit dem eige­nen (spie­len­den) Kör­per – mit den Mög­lich­kei­ten der eige­nen Ges­tik und Mimik. Bei der Seminar-Arbeit mit Laienspiel-Gruppen inspi­riert Erika Krum­wiede die Teil­neh­mer zum unüb­li­chen Umgang mit Tex­ten, Rol­len­vor­ga­ben, Spiel­for­men und Abläu­fen – aber auch zum Ent­wi­ckeln eige­ner, krea­ti­ver Requi­si­ten und ver­frem­den­der Tech­ni­ken. Sie for­dert die Teil­neh­mer her­aus, Aus­sa­gen zu über­tra­gen oder frei zu inter­pre­tie­ren. Im Gegen­satz zur her­kömm­li­chen Lai­en­spiel­be­we­gung in die­ser Zeit wird das als radi­ka­les Umden­ken erlebt. Diese immer deut­li­cher wer­dende Ziel­rich­tung lässt sich durch Unter­la­gen, Ter­mine und Noti­zen auf den Zeit­raum von 1962 bis 1971 festlegen.

Ein Herz kaufte Mäßi­gung. Doch gerade das scheint die Bun­des­bahn nicht ver­tra­gen zu kön­nen. Diese sehr arro­gante Ein­stel­lung läßt es gar nicht so weit kom­men, daß der Mann das Glas hebt, sei­nen Arm mit Eurem Arm ver­hakt und den ers­ten Freund­schafts­kuss in sei­nem Inners­ten ver­wei­gert. Wann wer­den end­lich stren­gere Maß­stäbe angelegt?

Erika Krum­wiede


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