Dieses Projekt besteht aus verschiedenen Seminaren, die inhaltlich und methodisch ganz offensichtlich die breiten Vorläufer der späteren „Kreativitätsbildung“ sind. Unterschiedlichste Themen in allen Bereichen des professionellen Handelns finden sich in den Unterlagen. Es geht grundsätzlich darum, eigene Denk- und Handlungsweisen zu erweitern und zu vertiefen. Dabei wird das Zielgruppen-Denken oder die Bindung an herkömmliche Verfahrensweisen überwunden. Der fantasievolle Umgang mit Themen, Materialien oder Methoden bringt für die Teilnehmer überraschende und faszinierende Möglichkeiten hervor.
Besonders bei diesen Seminaren ergeben sich für Erika Krumwiede immer wieder neue Denkanstöße für weitere und andere Aktivitäten: Aktionen, Ausstellungen, Gruppengespräche oder Publikationen. In dieses Projekt gehört auch eine eigenständige Vorläufer-Seminar-Reihe: „Hobby-Urlaub“. Bei dieser Aktion wird jeweils über drei Wochen einer sehr gemischten Gruppe von bis zu 50 Personen eine ganze Palette von Aktivitäten angeboten. In den Jahren 1964 bis 66 sind das z.B. Text-Spiel-Theater, Bühnenbau-Maskenbau-Kostümentwicklung- Requisitenentwurf, Musik-Gesang-Rhythmik-Bewegung, Schrift- Grafik-Malen, Foto-Tonband-Siebdruck-Batik, aber auch: Fantasie beim Wandern-Essen-Reden.
Das Thema „Fantasie“ durchzieht dabei alle Aspekte des gemeinsamen Urlaubs, der Tagesgestaltung und im weitesten Sinne der „Kommunikation“. Ihre methodische Empfehlung bereits 1964: „Zum Erzählen brauchst Du einen Koffer. Da packst Du die verschiedensten Gegenstände hinein aus Küche bis Keller. Dann gehst Du in die Gruppe, machst den Koffer auf und läßt jeden ein Stück auswählen. Zu dem ausgewählten Stück erzählt dann jeder eine Geschichte.“ Nach dieser Anregung entstand sogar eine Publikation: „Geschichten aus dem Koffer“.
In diese Projektphase fallen auch die fantasievollen, kreativen und originellen Aktivitäten vom „Studio-Kreis Muse 10“ (zum Beispiel: „Festliche Tage Niederrhein“ in Wesel im Juni 1966, „Gesellige Tage“ im Sachsenhain im Dezember 1967, „Info-Tage“ von Celle im Januar 1969 oder die Gemeindewoche in Soltau im Februar 1969).
Die Arbeitsgruppe „Muse 10“ ist ein lockerer Zusammenschluss von bis zu zwölf jungen Erwachsenen unter der Leitung von Erika Krumwiede. Diese Gruppe nimmt verschiedene gesellschaftlich oder kirchlich relevante Themen auf und setzt sie humoristisch und kritisch, in jedem Fall aber überraschend und originell szenisch um.
So entstehen kleine künstlerische Sketche, Revue-Nummern, Materialcollagen, Sprechgesänge oder rhythmische Bewegungseinheiten. Zum Beispiel eine karikierende „Modenschau für Berufskleidung“ aus Draht, Plastik und Karton, eine „Traumgeschichte zu Berufsaussichten“ durch selbst gemalte Dias im Kopf einer Schattenperson oder eine „chorische Sprechmotette“ zum Taufbefehl des Matthäus-Evangeliums.
In einem Bericht der Zeitung „Die Botschaft“ vom 10.7.1966 wird über die Arbeit von Erika Krumwiede, besonders über ihre „neuartigen kleinen Spielformen“ berichtet, daraus Auszüge:
Seit einigen Jahren leitet die Referentin für Musische Arbeit beim Landesjugendpfarramt Hannover, Erika Krumwiede, einen Studio-Kreis, der neue Angebote auf den Gebieten Spiel, Tonband, Musik und Bild entwirft…Die Veranstaltungen stießen auf großes Interesse und hatten vollbesetzte Säle…Ein Stück dieses Programm wurde vom Deutschen Fernsehen aufgenommen und am 6. Juni im 3. Programm des WDR gesendet…Bei den kleinen Spielformen wurde als modernes Requisit Draht in verschiedener Art und Gestaltung verwendet…Die Kritik und das Echo zeigten, daß die Einbeziehung technischer Mittel, moderner Requisiten und des rhythmischen Elements der inhaltlichen Aussage des Spiels zugute kommt und dem Verkündigungsspiel starke Impulse verleiht.“
In diesen Spielformen zeigt Erika Krumwiede bereits ihren deutlichen Schwerpunkt: das experimentelle Arbeiten mit ungewöhnlichen Mitteln und Materialien. Dazu kommt ihr anderer Blick auf Themen und Ereignisse.
Etliche dieser Erfahrungen, Aktionsideen oder Themenimpulse aus der Gruppe oder von Zuschauern führen Erika Krumwiede zu ihrer ersten Buchveröffentlichung: „modell: gemeinde konkret“ (1971)
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