Im August 1988 läuft während des Kongresses des ökumenischen Rates der Kirchen in Hannover ein Video-Film von Erika Krumwiede.
Das ist eine neue Entwicklung in ihrer Arbeit und zugleich ein deutlicher Hinweis darauf, dass Erika Krumwiede neuen Medien und Techniken immer offen und neugierig begegnet. Hat sie bis dahin mit Fotografie (dabei zuletzt mit Dias) und Tonband gearbeitet, versucht sie nun, die verschiedenen medialen Möglichkeiten zu verbinden und bezieht den Film erstmals in ihr Projekt ein. Denn neben filmischen, also bewegten Bildsequenzen, wird das stehende Bild „abgefilmt“. Dazu Geräusche und Musik. Ihr Text zu den sechs Stationen wird von einem Sprecher (Klaus Hoffmann) gelesen.
Ihre ersten Notizen zu dem Projekt entstehen im Februar 1988. Schon dort ist im Konzept der Text über mehrere Stationen angelegt. Die verschiedenen handschriftlichen Fassungen erscheinen in dem ersten Schreibmaschinentext noch unter dem Titel „Imaginäre Reise“. (s.o.) In etlichen Überarbeitungsschritten verändern sich der Text und die Bildauswahl. Im August 1988 ist die fertige Video-Produktion (realisiert von Volker Tellermann) während des Kongresses in Hannover zu sehen.
Bezeichnend für diese neue „Ausdrucksform“ ist allerdings das inhaltliche Konzept: wie in vielen anderen Projekten bleibt sie nicht beim Thema „Ökumene“. Die überkonfessionellen Themen erscheinen eher als Ausgangspunkt für grundsätzlichere Fragen: Der Mensch zwischen Mikro- und Makrokosmos, zwischen Alltagserlebnissen und kulturellen Sinnstrukturen in der globalen Perspektive.
Da wird wieder das besondere Denken von Erika Krumwiede sichtbar. Für sie sind die zeitgebundenen Themen nur „Auslöser“, um tiefere Schichten der Wahrnehmung und der Existenz anzusprechen.
Nach Abschluss des Kongresses erfolgt eine „Nachbetrachtung“. Auch dieser Vorgang wiederholt sich oft: sie notiert Reaktionen und Kommentare, sie spricht direkt Freunde an, um etwas über die Wirkung der Aktion zu erfahren. Und sie protokolliert das alles zu ihrer Bestätigung.
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