Besuchen und Helfen;
Kontaktaufnahme, Vielfalt der Aufgaben, Probleme mit Angehörigen
(siehe auch 04.11.1983)
Dokumentation: Text und Vortragsprotokoll
Vortragsprotokoll
Fortbildungsseminar Besuchen und Helfen - Vortragsprotokoll (PDF-Datei)
Text
„Weiterbildungsseminare für ältere Menschen – ist das noch möglich?“
(von Erika Krumwiede, Hannover, Pädagogische Leiterin der DSW – Seminare)
In Bad Pyrmont findet wieder einmal ein Seminar statt, wie häufig im Jahr. Erwartungsvoll, vielleicht auch unsicher sitzen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer da, fast alle zwischen sechzig und achtzig. Manche von Ihnen haben noch nie ein Seminar mitgemacht, das verrät ihre hohe Unsicherheit. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehören dem Deutschen Sozial-Werk an. Sie wollen mehr und genaueres darüber hören, wie Besuchsdienst bei Alten und Kranken aussehen kann, welche Regeln gelten und beachtet werden sollen. Ich sitze vor ihnen und weiß, dass sie präzise Anweisungen erwarten. So sind sie gewohnt zu lernen. Und ich weiß, dass ich sie enttäuschen muss. Es geht nicht um Maschinen, die bedient werden sollen sondern um Menschen, die besucht werden wollen mit all ihren ganz persönlichen Problemen. Das ist das Generalthema des Seminars.
Viele Themen, die dazu gehören, werden in diesem oder anderen Seminaren besprochen wie z.B. „Wohnen im Altenheim“, „Bleibe ich so lange wie möglich in meiner Wohnung?“, „Nachbarschaftshilfe“, „Sterbebegleitung“, „Menschenkenntnis“, „Kontakt-aufnahme“. Es wird einsichtig, dass es nicht nur Probleme derjenigen sind, die besucht werden, sondern auch Probleme der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die in diesem Seminar sitzen. Deswegen sind die Fragen auch so bedrängend. Wohl kaum jemand denkt ohne Beklommenheit an den Tag, der sein letzter sein wird.
Um diesen Themen gerecht zu werden, biete ich Formen an, die dieser Altersstufe häufig unbekannt sind – z.B. Rollenspiele, selbständiges Arbeiten in Gruppen …
Häufig wird mir von den Jüngeren gesagt, dass die Älteren sich auf so etwas nie einlassen werden. Ich hoffe aber immer wieder, dass all dieses möglich sein wird auch mit Menschen, von denen gesagt wird, dass sie sich auf Neues nicht mehr einlassen werden, dass sie festgefahren sind, nicht mehr flexibel, ihre Meinung nicht ändern. Ich erlebe anderes: immer wieder ist die Mehrheit bereit, sich auf solche Ungewöhnlichkeiten einzulassen und dann das Glückserlebnis zu haben: ich kann mich auf mich verlassen, ich kann Risiken eingehen, ich habe Fähigkeiten bei mir entdeckt, von denen ich keine Ahnung hatte ….
Ich erlebe, wie in den wenigen Tagen einer Woche Menschen sich verändern, sich verunsichern lassen und Lust haben, neue Bereiche zu betreten.
Für die Besuchsarbeit hat das wichtige Wirksamkeit. Das Verstehen hin und her wird größer. Die Probleme können partnerschaftlich besprochen werden. Niemand ist nur der, dem geholfen wird, jeder hilft dem anderen. Die Kommunikation wird dadurch entspannter und macht glücklich. Es werden souveräne Handlungen bei Problemen möglich.
Wenn ich die leidige Frage höre: ist Seminararbeit oder Weiterbildung beim älteren Menschen noch möglich?, kann ich als jemand, der jahrelang diese Arbeit gemacht hat, sagen: „Das ist gar keine Frage! Welche Hinderungsgründe sollten vorliegen? Diese Arbeit ist genauso möglich und nötig, wie bei jüngeren Menschen, weil die älteren sich immer wieder an sehr schwere Aufgaben heran wagen und sie auch bewältigen wollen. Die Aufnahmefähigkeit und Bereit-schaft sind groß, um im Seminar zu Klärungen der Probleme und zu flexiblem Handeln für den Besuchsdienst zu kommen“.